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Sun Java Enterprise System 2005Q1 Handbuch zur Bereitstellungsplanung |
Kapitel 2
GeschäftsanalyseWährend der Phase der Geschäftsanalyse innerhalb des Lebenszyklus einer Lösung definieren Sie die Geschäftsziele, indem Sie ein Geschäftsproblem analysieren und die Geschäftsanforderungen und -einschränkungen identifizieren, mit denen dieses Ziel erreicht wird.
Dieses Kapitel enthält die folgenden Abschnitte:
Informationen zur GeschäftsanalyseDie Geschäftsanalyse beginnt mit der Festlegung der Geschäftsziele. Anschließend analysieren Sie die zu lösenden Geschäftsprobleme und identifizieren die Geschäftsanforderungen, die für das Erreichen dieser Ziele erfüllt sein müssen. Berücksichtigen Sie auch sämtliche unternehmerischen Einschränkungen, die die Erreichung dieser Ziele erschweren/hindern/beeinträchtigen. Am Ende der Analyse der Geschäftsanforderungen und -einschränkungen haben Sie eine Gruppe von Dokumenten mit Geschäftsanforderungen in der Hand.
Diese Reihe an Dokumenten mit Geschäftsanforderungen verwenden Sie als Grundlage für die Ableitung technischer Anforderungen in der Phase der technischen Anforderungen. Während des Lebenszyklus einer Lösung bewerten Sie den Erfolg Ihrer Bereitstellungsplanung und schließlich Ihrer Lösung anhand der Analyse, die Sie in der Phase der Geschäftsanalyse durchgeführt haben.
Definieren der GeschäftsanforderungenEs gibt keine einfache Formel, mit der alle Geschäftsanforderungen bestimmt werden können. Sie bestimmen die Anforderungen basierend auf der Zusammenarbeit mit den Interessengruppen, von denen eine Softwarelösung benötigt wird, Ihrer Kenntnis der Geschäftsdomäne und angewandtem kreativem Denken.
In diesem Abschnitt werden einige Faktoren behandelt, die bei der Definition der Geschäftsanforderungen berücksichtigt werden müssen.
Festlegen der Geschäftsziele
Die Geschäftsanalyse sollte die Ziele eines Bereitstellungsprojekts deutlich machen. Durch die Festlegung klarer Ziele können Konzeptentscheidungen genauer ausgerichtet werden und das Projekt bleibt auf dem richtigen Weg. Die Gegenüberstellung der Geschäftsziele und der aktuellen Vorgänge hilft zudem, Konzeptentscheidungen zu treffen.
Bereich
Die Geschäftsanforderungen sollten den Geltungsbereich des Bereitstellungsprojekts klar abstecken. Stellen Sie sicher, dass Sie Bereiche bestimmen, die gelöst werden können, und vermeiden Sie es, unbegrenzte Anforderungen festzulegen, die das Ziel entweder unklar oder unerreichbar machen. Ein schlecht definierter Bereich kann zu einem Bereitstellungskonzept führen, das die Bedürfnisse des Unternehmens nicht ausreichend einbezieht oder das übermäßig viele Ressourcen erfordert.
Prioritäten
Setzen Sie Prioritäten in Bezug auf Ihre Ziele, um sicherzustellen, dass die wichtigsten Aspekte der Bereitstellung zuerst erreicht werden. Wenn Sie nur begrenzte Ressourcen zur Verfügung haben, müssen einige Ziele eventuell verschoben oder abgewandelt werden. Umfangreiche und komplexe Bereitstellungen erfordern beispielsweise eine phasenweise Implementierung der Lösung. Durch die Festlegung von Prioritäten können Sie Richtlinien für Entscheidungen angeben, die möglicherweise getroffen werden müssen, damit Ihr Bereitstellungskonzept von den Interessengruppen akzeptiert wird.
Entscheidende Qualitäten
Legen Sie Bereiche fest, die für den Erfolg entscheidend sind, damit die Interessengruppen und Entwickler sich auf die wichtigsten Kriterien konzentrieren können.
Wachstumsfaktoren
Berücksichtigen Sie beim Festlegen von Geschäftszielen nicht nur die aktuellen Bedürfnisse des Unternehmens, sondern versuchen Sie vorherzusagen, inwiefern sich diese Bedürfnisse ändern könnten und wie sie sich über längere Zeiträume entwickeln. Sie wollen schließlich keine Lösung, die schon vorzeitig veraltet ist.
Sicherheitsspielraum
Das Konzept Ihrer Lösung wird anhand von Annahmen entwickelt, die während der Geschäftsanalysephase aufgestellt werden. Diese Annahmen können aus verschiedenen Gründen, wie beispielsweise unzureichende Daten, Fehler bei der Bewertung oder unvorhergesehene externe Ereignisse, ungenau sein. Planen Sie deshalb unbedingt einen Sicherheitsspielraum ein; nicht nur in Bezug auf Ihre Geschäftsziele, sondern während der gesamten Planung, damit die Lösung, die Sie entwickeln, auch unvorhersehbare Ereignisse bewältigen kann.
Kenntnis der Benutzerbedürfnisse
Bringen Sie in Erfahrung, an welche Arten von Benutzern sich die Lösung richtet, welche Bedürfnisse sie haben und welche Vorteile für sie zu erwarten sind. Folgende Liste stellt beispielsweise eine Möglichkeit für die Kategorisierung von Benutzern dar:
Wenn Sie die erwarteten Vorteile für die Benutzer eindeutig festlegen, können Konzeptentscheidungen leichter getroffen werden. Im Folgenden werden einige Beispiele für Vorteile aufgeführt, die Benutzern durch eine Lösung entstehen können:
Erarbeiten von Betriebsanforderungen
Drücken Sie Betriebsanforderungen als eine Reihe von funktionellen Anforderungen mit klar definierten Zielen aus. Normalerweise erstellen Sie Betriebsspezifikationen für folgende Bereiche:
Drücken Sie die Betriebsanforderungen in messbaren Begriffen aus, die alle Interessengruppen verstehen. Vermeiden Sie nicht eindeutige Formulierungen, wie beispielsweise „adäquate Endbenutzerantwortzeit“. Mögliche Beispiele für die Betriebsanforderungen:
- Fähigkeit, Dienste innerhalb von 10 Minuten nach einem Ausfall wiederherzustellen.
- Fähigkeit, die eingehenden Nachrichten der letzten 48 Stunden wiederzugeben.
- Online-Transaktionen müssen selbst in Spitzenzeiten in maximal 60 Sekunden abgeschlossen werden.
- Endbenutzer-Authentifizierung muss in Spitzenzeiten innerhalb von vier Sekunden abgeschlossen werden.
Unterstützung vorhandener Anwendungsmuster
Drücken Sie vorhandene Anwendungsmuster als klar messbare Ziele aus. Folgende Fragen helfen bei der Ermittlung derartiger Ziele.
- Wie werden die aktuellen Dienste genutzt?
- Welche Anwendungsmuster sind vorhanden (z. B. sporadische, häufige oder erhebliche Benutzerauslastung)?
- Welche Sites rufen Ihre Benutzer normalerweise auf?
- Nachrichten welcher Größe werden normalerweise von Ihren Benutzern gesendet?
- Wie viele Transaktionen führen die Benutzer normalerweise an einem Tag oder in einer Stunde durch?
Beobachten Sie die Benutzer, die auf Ihre Dienste zugreifen. Wann und für wie lange die Benutzer auf die vorhandenen Dienste zugreifen sind Faktoren, die bei der Ermittlung Ihrer Ziele helfen. Wenn diese Muster nicht durch unternehmenseigene Erfahrungen gebildet werden können, ziehen Sie die Erfahrungen ähnlicher Unternehmen zurate.
Kenntnis der Unternehmenskultur
Bei der Anforderungsanalyse sollten verschiedene Aspekte der Unternehmenskultur und -politik berücksichtigt werden. Wenn die Unternehmenskultur nicht ausreichend beachtet wird, wird die Lösung möglicherweise nicht gut aufgenommen oder kann nur schwer implementiert werden.
Interessengruppen
Finden Sie heraus, welche Personen und Organisationen stark am Erfolg der geplanten Lösung interessiert sind. Alle Interessengruppen sollten aktiv an der Definition der Geschäftsziele und -anforderungen beteiligt sein. Wenn eine Interessengruppe nicht beteiligt ist oder nicht über geplante Änderungen informiert wird, können die Pläne erheblich beeinträchtigt werden. Eine derartige Interessengruppe könnte die Implementierung der Bereitstellung sogar blockieren.
Standards und Richtlinien
Stellen Sie sicher, dass Sie die Standards und Richtlinien des Unternehmens kennen, für das die Lösung vorgesehen ist. Diese Standards und Richtlinien wirken sich möglicherweise auf die technischen Aspekte des Konzepts, die Produktauswahl und die Bereitstellungsmethode aus.
Ein Beispiel stellt die Vertraulichkeit der Personaldaten dar, die sich bei der Personalabteilung oder beim Bereichsleiter befinden, von denen sie auch kontrolliert werden. Ein anderes Beispiel stellen die Vorgehensweisen des Unternehmens in Bezug auf die Änderungsverwaltung dar. Änderungsverwaltungsrichtlinien können sich erheblich auf die Akzeptanz einer Lösung auswirken und die Implementierungsmethode und den Fahrplan beeinflussen.
Regulierungsanforderungen
Regulierungsanforderungen hängen in hohem Maße von der Art des Unternehmens ab. Untersuchen Sie sämtliche Regulierungsanforderungen, die sich auf die Bereitstellung auswirken können. Viele Unternehmen und Behörden schreiben die Einhaltung von Zugänglichkeitstandards vor. Bei der Bereitstellung globaler Lösungen müssen die im Ausland geltenden Gesetze und Regulierungen beachtet werden. In vielen europäischen Ländern herrschen beispielsweise strikte Regeln für die Speicherung persönlicher Daten.
Sicherheit
Einige Ziele, die Sie ermitteln, bringen möglicherweise Sicherheitsprobleme mit sich, auf die besonders viel Wert gelegt werden sollte. Heben Sie bestimmte Sicherheitsziele hervor, die für die Lösung besonders wichtig sind. Beispielsweise:
- Autorisierter Zugriff auf vertrauliche Informationen
- Funktionsbasierter/rollenbasierter Zugriff auf vertrauliche Informationen
- Sichere Kommunikation zwischen entfernten Standorten
- Aufrufen von Remote-Anwendungen auf lokalen Systemen
- Sichere Transaktionen mit anderen Unternehmen und Organisationen
- Durchsetzung der Sicherheitsrichtlinien
Standortverteilung
Die geografische Verteilung der Standorte und die Bandbreite zwischen den Standorten spielt eine Rolle für die Konzeptentscheidungen. Zudem erfordern einige Standorte möglicherweise eine lokale Verwaltung.
Derartige geografische Überlegungen können sich negativ auf die Schulungskosten für das Projekt, die Komplexität usw. auswirken. Geben Sie Anforderungen, die sich aus der geografischen Standortverteilung ergeben, klar an. Heben Sie hervor, welche Standorte für den Erfolg des Konzepts entscheidend sind.
Schrittweise Annäherung
Häufig betrachtet man eine Softwarelösung als komplettes umfassendes System. Die Bereitstellung des kompletten Systems erfolgt jedoch oft schrittweise.
Bei einer schrittweisen Annäherung entwerfen Sie normalerweise einen Fahrplan, der Meilensteine aufweist, die dann zur endgültigen umfassenden Lösung führen. Zusätzlich müssen Sie möglicherweise kurzfristige Pläne für Teilaspekte der umfassenden Lösung entwerfen, deren Implementierung zunächst zurückgestellt wird.
Die schrittweise Annäherung hat folgende Vorteile:
- Sie können Anpassungen an Anforderungsänderungen vornehmen, die durch das Wachstum des Unternehmens entstehen.
- Sie können die vorhandene Infrastruktur als Übergang zu Ihrer endgültigen Bereitstellungsimplementierung nutzen.
- Sie können Anforderungen in Bezug auf die Investitionsausgaben miteinbeziehen.
- Sie können wenig Personal optimal nutzen.
- Sie können Voraussetzungen für Partnerschaften schaffen.
Kenntnis der Vereinbarungen auf Dienstebene
In einer Vereinbarung auf Dienstebene (Service Level Agreement, SLA) werden die leistungsbezogenen Mindestanforderungen angegeben. Wenn diese Anforderungen nicht erfüllt werden, geht hieraus ebenfalls hervor, auf welcher Ebene und in welchem Umfang Kundenunterstützung vonnöten ist. Eine Vereinbarung auf Dienstebene basiert auf den Geschäftsanforderungen, die bei der Geschäftsanalyse definiert werden. Später, in der auf die technischen Anforderungen bezogenen Phase, werden diese Anforderungen als auf die Dienstebene bezogene Anforderungen angegeben. Die SLA wird bei der Projektgenehmigung (die in der Bereitstellungskozeptphase erfolgt) unterzeichnet.
Sie sollten eine SLA entwickeln, die Bereiche wie Betriebszeit, Antwortzeit, Nachrichtenübermittlungszeit und Wiederherstellung beinhaltet. Eine SLA sollte einen Überblick über das System enthalten und die Rollen und Verantwortlichkeiten von Support-Unternehmen klären. Außerdem sollte in ihr geregelt sein, wie Dienstebenen, Änderungsanforderungen usw. bemessen werden. Bei der Ermittlung der Reichweite einer SLA ist es entscheidend, die Erwartungen des Unternehmens in Bezug auf die Systemverfügbarkeit zu bestimmen.
Definieren der geschäftlichen EinschränkungenGeschäftliche Einschränkungen spielen eine bedeutende Rolle, wenn die Art eines Bereitstellungsprojekts bestimmt wird. Ein Schlüssel für ein erfolgreiches Bereitstellungskonzept ist die Ermittlung einer optimalen Methode, mit der Geschäftsanforderungen innerhalb der bekannten geschäftlichen Einschränkungen erfüllt werden. Bei den geschäftlichen Einschränkungen kann es sich um finanzielle Einschränkungen, physikalische Einschränkungen (z. B. die Netzwerkkapazität), zeitliche Einschränkungen (z. B. die Fertigstellung vor bedeutenden Ereignissen, wie etwa der nächsten Jahresversammlung) oder jegliche andere Einschränkungen, die vermutlich Faktoren sind, die sich auf das Erreichen des Geschäftsziels auswirken, handeln.
In diesem Abschnitt werden einige Faktoren beschrieben, die bei der Definition der geschäftlichen Einschränkungen berücksichtigt werden müssen.
Migrationsprobleme
Normalerweise ersetzt oder ergänzt ein Bereitstellungsprojekt vorhandene Softwareinfrastrukturen und -daten. Eine neue Lösung muss in der Lage sein, Daten und Vorgehensweisen aus der vorhandenen Infrastruktur in die neue Lösung zu migrieren, wobei oft die Interoperabilität mit vorhandenen Anwendungen bewahrt wird. Eine Analyse der aktuellen Infrastruktur ist erforderlich, um zu ermitteln, in welchem Umfang Migrationsprobleme bei der geplanten Lösung eine Rolle spielen.
Planungsmandate
Der Plan für die Implementierung einer Lösung kann sich auf die Konzeptentscheidungen auswirken. Aggressive Pläne führen möglicherweise dazu, dass von Zielen Abstand genommen wird, Prioritäten geändert werden oder eine schrittweise Annäherung an die Lösung vorgenommen wird. Innerhalb eines Plans sind möglicherweise wichtige Meilensteine vorhanden, die auch in Betracht gezogen werden sollten. Als Meilensteine können interne Ereignisse, wie beispielsweise geplante Dienstrollouts, oder externe Ereignisse, wie beispielsweise das Eröffnungsdatum eines Schulsemesters, dienen.
Budgeteinschränkungen
Die meisten Bereitstellungsprojekte unterliegen einem Budget. Berücksichtigt werden die Kosten für die Entwicklung der geplanten Lösung und die für die Wartung der Lösung über eine bestimmte Lebensdauer erforderlichen Ressourcen:
- Vorhandene Hardware- und Netzwerkinfrastruktur. Die Abhängigkeit von vorhandener Infrastruktur kann sich auf das Konzept eines Systems auswirken.
- Für die Implementierung der Lösung erforderliche Entwicklungsressourcen. Begrenzte Entwicklungsressourcen (Hardware, Software und Personal) machen eine schrittweise Bereitstellung naheliegend. Sie müssen möglicherweise dieselben Ressourcen oder Entwicklungsteams für jede inkrementelle Phase Ihrer Implementierung wiederverwenden.
- Wartung, Verwaltung und Unterstützung. Analysieren Sie die für die Verwaltung, Wartung und Unterstützung verfügbaren Ressourcen. Begrenzte Ressourcen wirken sich möglicherweise auf Konzeptentscheidungen aus.
Gesamtkosten
Neben der Wartung, Verwaltung und Unterstützung müssen weitere Faktoren analysiert werden, die sich auf die Gesamtkosten auswirken. Eventuell notwendige Hardware- und Softwareaufrüstungen, ein gesteigerter Strombedarf durch die Lösung, Telekommunikationskosten und andere Faktoren können sich auf die Auslagen auswirken. Vereinbarungen auf Dienstebene, die Verfügbarkeitsstufen für die Lösung vorschreiben, wirken sich zudem auf die Gesamtkosten aus, da eine erhöhte Redundanz nötig wird.
Die Implementierung einer Lösung sollte auf die Lösung angerechnet eine Rendite erzeugen. Bei der Analyse des ROI werden normalerweise die finanziellen Vorteile berechnet, die durch die Investitionsausgabe erlangt wurden.
Bei der Einschätzung der finanziellen Vorteile durch eine Lösung müssen die zu erreichenden Ziele sorgfältig im Vergleich zu anderen Möglichkeiten analysiert werden, mit denen diese Ziele erreicht werden sowie im Vergleich mit den Kosten, wenn keine Maßnahmen ergriffen werden.